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UNS – Alles Was Wir Machen Ist Kunst

Es gibt sie noch, diese Bands, die sich nicht in bestehende Schubladen einordnen lassen, sondern sie sich lieber selbst zimmern. UNS aus Berlin haben ihre grellbunt angestrichen und ein Schild dran gehängt: „Alles was wir machen ist Kunst“. Wobei man das Augenzwinkern vermutlich mitdenken muss, denn in ihren Song-Kunstwerken ist meist mindestens eine Ironieebene eingezogen.

Und wenn sich das jetzt noch etwas verkopft anhört, sollten die ersten Töne diesen Eindruck korrigieren. Denn in erster Linie kultivieren UNS den gepflegten Wahnsinn. In der Besetzung Synthies, Gitarre, Schlagzeug ist Ballern die oberste Devise. All die Schlauheit, Hintergründigkeit, all die cleveren Referenzen, das erschließt sich so nebenbei, während man schon lange grinsend zu den fordernden Off-Beats mitwippt. Und über das explosive Soundgebräu spuckt Frontmann Sebastian Cleemann seine assoziativen Texte, mal mit manieriertem Sprechgesang, mal schreiend, mal quietschend, mal beinahe zärtlich („Nackt sehen“).

UNS‘ zweites Album nach „Gegengift“ (2013), eröffnet mit dem Hit (HIT!!!) „Internetgold“, den wir ja schon an dieser Stelle vorgestellt haben, und der inzwischen ein schön verwirrendes Video bekommen hat – mit freundlicher Unterstützung von vielen überwiegend amerikanischen Gigworkern auf fiverr.com

Eine schräg sägende Gitarre leitet über zu „Körper“, in dem die Band wild um sich schlagend den modernen Selbstoptimierungswahn mit einer Soundwalze in den Staub pflügt. Song Nummer drei startet mit einem Van-Halen-Gedächtniskeyboardriff, dann überrascht Cleeman mit einer astreinen Dirk-von-Lowtzow-Parodie, bevor der Refrain die Zähne ausfährt und die Strophe niederbeißt: „WIR HABEN NIE HUNGER, WIR ESSEN, UM ZU VERNICHTEN“ (und ja, diesen Refrain KANN man nur in Großbuchstaben wiedergeben). Und in dieser Tour geht es weiter: „Von A nach A“ ist ein massiver Club-Smasher, bei dem sich das „Technoconsulting“ von Elektro-Eminenz Siriusmo hörbar ausgezahlt hat. „Das Haus“ baut sich zum Ende hin bedrohlich auf. „Der Riss“ bittet zum Tanz und stellt einem dann alle paar Sekunden ein Bein. Und mit „Nackt sehen“ ertönt plötzlich eine E-Piano-Ballade, wie sie fast von Westernhagen hätte stammen können, wäre da nicht der Text, der mit dem Thema Altern ein mindestens ungewöhnliches Sujet behandelt:

„Ich mag es, wenn mich junge Leute nackt sehen. Ich mag es, ihnen in die Augen zu schauen. Sie zu sehen, wie sie sich fragen ‚Ist das meine Zukunft? Wulste und Falten, all the way down'“

Langweilig wird es mit diesem Album jedenfalls nie – dafür sorgen 10 vielschichtige Songs, die sich bei aller Cleverness für keinen Exzess zu schade sind. Ob man das nun Synthpunk, Rock mit anderen Mitteln, Neue Deutsche Welle 2.0 oder Art Rock nennen will: Es macht auf jedenfalls unverschämt viel Spaß.