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DIIV – Deceiver

Dass es „Deceiver“ überhaupt gibt ist etwas, worüber wir alle froh sein sollten. Nicht nur, weil es so toll geworden ist, sondern auch, weil es eine Zeitlang nicht sicher war, dass es mit DIIV überhaupt irgendwie weiter geht.
Schon auf dem Vorgänger „Is The Are“ behandelte Sänger Zachary Cole Smith den Prozess der Heilung von seiner Drogensucht. Doch so eine Sucht ist nun mal eine alte Drecksau, und irgendwann gewann sie wieder Oberhand. Einen weiteren Entzug, zahlreiche bandinterne Spannungen und etliche Läuterungen später versucht der sensible Sänger, Sinn aus seiner Erfahrung zu ziehen, und verarbeitet sie auf dem bislang intensivsten Album seiner Band DIIV. Schon der Titel, den man mit „Betrüger“ oder „Täuscher“ übersetzen kann, deutet an, dass er sich hierbei nichts schenkt. Die zehn Songs zeigen von einer neu gewonnen Reife, die sich nicht nur in den gefestigten Beziehungen der Bandmitglieder widerspiegelt.

Geblieben, beziehungsweise stärker denn je, ist die melodische Brillanz von DIIVs Stücken, die für Ohrwurm-Momente galore sorgt. Doch neben Zacharys sanften Gesang türmen sich mehr denn je Fuzz-Gitarrenwände auf, die direkt aus dem Verstärkerturm von Kevin Shields zu kommen scheinen. Da passt es, dass „Deceiver“ unter Mithilfe von Produzent Sonny Diperri, der auch schon für My Bloody Valentine am Pult saß, eingespielt wurde. Er schneiderte der Band einen organischen, warmen Sound auf den Leib, in den man sich als Gitarrenfan regelrecht hineinlegen möchte.
Und dann haben wir noch gar nicht über einzelne Songs gesprochen. Das epische „Taker“ spannt den Bogen über die volle dynamische Bandbreite der Band, „Between Tides“ steigert sich in Gitarreneruptionen hinein und das Uptempo-Stück „The Spark“ täuscht einen Indie-Hit an, verharrt dann aber doch mit einem Bein in der Verweigerungshaltung. Das Highlight ist jedoch das wütende „Blankenship“, das der Generation Greta endlich ihre Hymne schenkt:

The earth is ownerless
Blankenship
Children lead the cry
You sold them all away
Blankenship
With thirty years of lies

Der korrupte Kohle-Magnat Don Blankenship, Republikaner und Klimawandelleugner, steht hier nur stellvertretend für all die Missetäter des Kapitalismus, die den Planeten aus Habgier an die Wand gefahren haben. Zachary Cole Smith, selbst Veganer und Umweltaktivist, muss diese Zeilen nicht schreien, damit sie ihre beklemmende Wirkung entfalten.

DIIV for Future? „Deceiver“ gibt in jeder Hinsicht die Antwort: ja.

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